people / 04.04.2018

Foodsaver werden – alle infos zu Foodsharing

Foodsharing. hilf mit! Lebensmittelverschwendung steht in unserer Gesellschaft täglich auf der Tagesordnung. Während in anderen Ländern auf unserer Erde, die wir gemeinsam bewohnen, täglich hunderte Menschen den Hungertod sterben, werfen wir im großen Stil Lebensmittel auf den Müll. Lebensmittel die Leben retten könnten!
Wir leben im Überfluss auf der einen und im Mangel auf der anderen Seite. Doch ist an dem Leid unserer Mitmenschen nicht allein die Verschwendung von Lebensmitteln Schuld. Unser weltweites System ist komplex. Kriege, Naturkatastrophen, Politik (Korruption/Diktaturen) und Misswirtschaften sind Variable, die zu diesem Misstand beitragen. Das wir daheim unsere „Teller nicht leer essen und in Afrika Kinder sterben“ ist also nicht allein Schuld an der weltweiten Fehlverteilung von Nahrungsmitteln.
Doch haben wir nicht dennoch eine moralische Verpflichtung jenen gegenüber, die nicht im „Luxus  von Lebensmittelverschwendung“ leben? Hat denn nicht jeder wenigstens ein schlechtes Gewissen jenen gegenüber, welche nur eine Handvoll Reis täglich zum Leben haben?
Nahrung ist eine Notwendigkeit für jeden von uns, doch scheint es vor allem im westlichen Teil unserer Erde zu einem Allgemeingut geworden zu sein. Geprägt von einem Lifestyle in dem es nicht mehr nur darum geht satt zu werden. Fancy muss es sein, möglichst exotisch und ob es dreifach in Plastik eingepackt ist und vom anderen Ende der Welt rüber geschifft wurde spielt keine Rolle. Volle Regale bis zum Ladenschluss sind eine Selbstverständlichkeit, genauso wie Erdbeeren im Winter und makellose Äpfel, knallig rot und wie frisch poliert.
Doch am Ende des Tages landen diese wertvollen Lebensmittel tonnenweise im Müll.

| Zahlen und Fakten

Rund 800 Millionen Menschen hungern auf unserer Welt, alle drei Sekunden verhungert ein Mensch während fast jeder 3. übergewichtig ist. Mit der Menge an Lebensmitteln die aktuell produziert wird, können mehr als 12 Milliarden Menschen satt gemacht werden. Auf der Erde leben aktuell jedoch „nur“ 7,4 Milliarden Menschen. Und jährlich landen weltweit rund 1,3 Milliarden Tonnen Lebensmittel im Müll. Allein in Deutschland sind es rund 11 Millionen Tonnen, die von privaten Haushalten, dem Groß- und Einzelhandel sowie der Industrie jährlich verschwendet werden. Dabei ist der Anteil der privaten Haushalte mit einer jährlichen Menge von 6,7 Millionen Tonnen am höchsten. Das macht pro Kopf etwa 82 Kilogramm Lebensmittel. Das ist doch Wahnsinn oder?
Doch die Verschwendung findet in jedem Abschnitt der Wertschöpungskette statt. Angefangen beim Anbau und der Ernte, der Weiterverarbeitung, sowie im Verkauf und beim Endverbraucher.
In diesem Beitrag geht es heute allerdings „nur“ um die 4,3 Millionen Tonnen die der Industrie und dem Handel zum Opfer fallen.

Die Verschwendung bzw. Vernichtung von Lebensmitteln stellt nicht nur ein ethisches sondern auch ein großes ökologisches Problem dar. Sowohl für die Erzeugung als auch für die Vernichtung von Lebensmitteln werden große Mengen von Ressourcen benötigt. Somit verschwenden wir nicht nur Lebensmittel sondern auch jede Menge Rohstoffe, Energie und Wasser. Ressourcen die in naher Zukunft knapp werden könnten, wenn wir weiter machen wie bisher. 
Außerdem tragen wir mit unserer Wegwerfmentalität ganz massiv zum Klimawandel bei. So ist zum Beispiel die Landwirtschaft (in der Lebensmittelproduktion für Gemüse, Fleisch etc.) für eine große Menge der gesamten anthropogenen Treibhausgase verantwortlich. An dieser Stelle mag der ein oder andere überrascht sein, doch ja, auch euer Essverhalten und euer Konsum hat Auswirkungen auf unser Klima.
Doch es freut mich immer wieder zu sehen, dass Menschen auf der ganzen Welt die Initiative ergreifen und aktiv werden. Menschen die etwas verändern und bewegen wollen. Menschen wie zum Beispiel Valentin Thurn der den Verein Foodsharing ins Leben gerufen hat. Man kennt Valentin Thurn wenn man den Film „Taste the Waste“ angesehen hat. Ein Film in dem darüber aufgeklärt wird, warum so viele Tonnen Lebensmittel im Müll landen und wer dafür verantwortlich ist.
Jetzt habe ich schon ziemlich viel gequatscht und euch im Informationen zugetextet, die ihr sicherlich schon einmal irgendwo gelesen habt. Sorry dafür. Doch kommen wir jetzt zu dem, was euch eigentlich interessiert (falls ihr es bis hier her geschafft habt).

| Foodsharing – Wie werde ich Foodsaver

In den letzten Wochen bekomme ich täglich Nachrichten und Mails über meinen Instagram Account, was genau das Ganze ist und woher ich all die kostenlosen und wunderbaren Lebensmittel habe, die ich in meinen Stories zeige. Nun es ist ganz simpel. Ich bin auf foodsharing.de registriert. Wenn ihr euch dort anmeldet, dann habt ihr den ersten Schritt bereits geschafft. Doch zuerst: Was ist dieses Foodsharing eigentlich.

Foodsharing ist eine 2012 ins Leben gerufene Initiative zur Bekämpfung von Lebensmittelverschwendung. Wir sind bereits eine Gemeinschaft von 200.000 registrierten Benutzern und 25.000 aktiven Foodsavern. Unser Tätigkeit und die des gesamten Vereins ist ehrenamtlich.
Wir retten Lebensmittel die eigentlich von Betrieben (Supermärkten) auf den Müll geworfen werden. Lebensmittel die zu 90% völlig in Ordnung sind, jedoch nicht der Norm entsprechen, überlagert wurden (MHD abgelaufen), deren Verpackung nicht mehr ganz heile ist, Lebensmittel die nicht verkauft wurden oder aus dem Sortiment genommen wurden. Die Waren werden uns kostenlos von den Supermärkten zur Abholung bereit gestellt. Es sind mittlerweile über 3.000 Betriebe die mit uns kooperieren. Mit unserer Tätigkeit stehen wir in keinerlei Konkurrenz zur Tafel oder anderen Einrichtungen. Wir holen ab, was diese nicht mitnehmen.
Lebensmittel die wir selbst nicht aufbrauchen oder verwenden können „fairteilen“ wir weiter. Entweder an Freunde oder Bekannte, legen sie in sogenannte Fairteiler oder bringen sie zu Bedürftigen Menschen in Flüchtlingsheimen oder Unterkünfte für Obdachlose. Für letzteres haben wir uns bei einigen Betrieben dazu verpflichtet, regelmäßig Flüchtlingsheime und caritative Einrichtungen zu beliefern.
Dabei wühlen wir nicht in den miefenden Containern und Mülltonnen der Supermärkte, nach noch brauchbaren Dingen. Es läuft ganz anders und vor allem legal.

| Erste Schritte

Ihr seid zunächst als Foodsharer registriert. Das heißt, dass ihr Lebensmittel die ihr zuhause übrig habt in sogenannten Essenskörben teilen könnt. Hier in Koblenz läuft diese Art der Weiterverteilung gar nicht. Da ist es einfacher in speziellen Facebookgruppen zu posten. Dies geht schneller und aktueller. Ich fürchte, dass dies auch für andere Städte gilt. In diese Funktion könnt ihr also „nur“ Lebensmittel fairteilen oder tauschen, die ihr privat von zuhause habt. Falls ihr auch bei Supermärkten abholen möchtet lest weiter:

| Das Quiz

Um nun auch Lebensmittel beim Supermarkt retten gehen zu können müsst ihr ein Quiz bestehen. In eurem Profil klickt ihr auf Einstellung und dann auf der linken Seite auf „werde Foodsaver„. Um Foodsaver zu werden müsst ihr nun noch ein bisschen Einsatz zeigen. Legt eueren aktuellen Bestseller beiseite und klickt euch durch das Foodsharing Wiki. Denn um das Quiz zu bestehen, solltet ihr alle erforderlichen Wikieinträge gelesen haben. Die Fragen sind nicht sehr schwer und können sicherlich mit einem gewissen Grundverständnis beantwortet werden, doch gibt es die ein oder andere Info, die ihr nur im Wiki findet. Außerdem habt ihr die Wahl zwischen einem Quiz mit 10 Fragen auf Zeit oder einem mit 20 Fragen ohne Zeit. Also braucht ihr euch da keinen Stress machen! In der Regel klappt es sofort beim ersten Mal.
Ist der Test bestanden (dies wird euch sofort angezeigt), dann könnt ihr euch für euren Bezirk bzw. eure Stadt eintragen. Habt ihr nicht bestanden, könnt ihr es mit etwas Zeitabstand noch einmal und bis zu drei Male versuchen.
Bei Bestehen braucht ihr nur noch darauf zu warten, dass euch der Botschafter oder Bezirksverantwortliche anschreibt und drei Probeabholungen in einem Betrieb mit euch vereinbart. Sind diese drei Abholungen gelungen und alles ist glatt gelaufen, bekommt ihr beim nächsten Treffen in eurer Stadt den Ausweis ausgehändigt. Für den Ausweis sollte das Foto in eurem Profil eurer Gesicht gut zeigen. Denn den Ausweis zeigen wir stets unaufgefordert den Mitarbeitern der Betriebe.
Es ist auch wichtig, hin und wieder zu den Treffen zu gehen. Hier tauschen wir uns aus. Was läuft, was läuft nicht so gut, gibt es neue Kooperationen etc.

| Abholung

Mit dem Ausweis könnt ihr von nun an selbstständig Lebensmittel retten gehen. Schaut dazu in den Betrieben/Supermärkten die mitmachen nach, ob noch Hilfe im Team benötigt wird. Dann tragt euch in diesem Betrieb als Foodsaver ein und schaut, wie die Abholzeiten und Tage dort sind. Jeder Betrieb hat einen eigenen Eintrag bzw. eine Seite auf der alle nötigen Informationen stehen. Zum Beispiel auch wie viele Lebensmittel im Schnitt pro Abholung bereit gestellt werden und ob ihr ggf. ein Auto benötigt.
Die Abholungen selbst sind von Betrieb zu Betrieb unterschiedlich. Allerdings gehen immer maximal 2 Foodsaver zum Abholen. Es kann sein, dass die Lebensmittel bereits sortiert in Kisten gereicht werden, es kann allerdings auch sein, dass ihr gute und schlechte Lebensmittel selbst sortieren müsst. Doch diese Infos stehen meist ebenfalls auf der Seite der Betriebe. Nehmt zur Sicherheit immer genügend Taschen mit um die Lebensmittel zu verstauen.

So und das war es eigentlich auch schon. Habt ihr noch Fragen? Ich freue mich weiterhin auf regen Austausch mit euch und hoffe, dass ich euch mit diesem Beitrag helfen und vor allem dazu ermutigen kann etwas zu bewegen. Auf den Bildern untern seht ihr im Übrigen die Lebensmittel von drei verschiedenen Abholungen.

Links
Auf www.nicetohavemag.de könnt ihr übrigens ein Interview mit mir nachlesen, warum ich Lebensmittel rette.

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6 Comments

  • Reply Anja Melles 04.04.2018 at 19:19

    Ich finde das Mega gut, schlimm das heute soviel im Müll landet.Zu meiner Kindheit war es sehr sehr schlimm was weg zu werfen .ich habe es mich nicht getraut als Kind denn immer kam gleich Oma angerannt und schimpfte:“ Kind das ist kostbar „, wie recht meine liebe Omi da hatte.

    • Reply Sandra Schäffler 29.10.2019 at 13:10

      Ich finde es problematisch, wie viele Hürden es auch hier zu bewältigen gibt. Ich versuchte einezeitlang, Gemüse aus dem eigenen Garten bei der örtlichen Tafel abzugeben, wurde da aber wirklich angemeckert.. kann man nicht anders sagen… ob man nicht kleinere Gurken Zucchini usw habe… hier ist es genauso… es werden Ansprüche gestellt und ab Vielem bestest gar nicht erst Interesse (Zitat: Kürbis? Voll eklig, kannste behalten!) besteht. Bin also dazu übergegangen Lebensmittel lieber an Zoo, Tierschutz usw zu gegen oder am Kompost abzulegen… Tiere sind auch in diese Punkt die besseren Menschen und dankbarer für Gratisgaben.

      • Reply Annie 03.02.2020 at 13:00

        Leider sind die Tafeln sehr wählerisch bei dem, was man ihnen zum Abholen überlässt. Viele wird von vornherein abgelehnt und gar nicht erst angeboten und vieles wird stehen gelassen. Und am Ende des Tages haben sehr viele Ausgabestellen noch jede Menge übrig und werfen es dann weg.

  • Reply Foodsaver werden: Der Start mit Foodsharing - amazed 14.12.2018 at 8:31

    […] Fotos: todayis […]

  • Reply Leonie 19.03.2019 at 23:27

    Super Beitrag.
    Ich hab mit der Anmeldung mega Probleme. Habe das Quiz bestanden, nur konnte ich meine Stadt nicht eintragen. Etwas komisch irgendwie…

  • Reply Monika 04.09.2019 at 7:59

    Danke, sehr hilfreicher Artikel. Und schöne Bilder.

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